Institution/zu Hause

In Institutionen

In den meisten Pflegeeinrichtungen haben die Pflegekräfte oft nur wenig Zeit und Raum, sich eingehender mit der Biografie des zu Pflegenden beschäftigen zu können. Dazu kommen fluktuierende Arbeitsbedingungen beim Personal, die den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses erschweren. Zwar gibt es gute Ansätze, z.B. das Pflegemodell Monika Krohwinkel, um auch die existenziellen Erfahrungen der zu Pflegenden erfassen zu können. Aber das offene Outing über Traumata gelingt nur wenigen, sofern es überhaupt bewusst ist.

Der Wunsch nach gleichgeschlechtlichen oder vertrauteren Pflegekräften kann in einem Stationsablauf oft nicht nachgekommen werden. Der zu pflegende Mensch wird zum Objekt, zur Sache und muss damit klarkommen. Die Pflegekräfte laufen Gefahr nur noch zu funktionieren, um in kurzer Zeit einer Vielzahl von Pflegebedürftigen annähernd gerecht zu werden.

Pflege daheim mit Angehörigen und weiteren Unterstützern, oder ambulanten Assistenz und Pflegediensten

Vertraute Hilfe bzw. im Familienband zu leben bedeutet von Mutter, Vater oder Schwester, Bruder oder weiteren Anverwandten gepflegt zu werden. Wenn sich in diesem Familienverband die sexuellen Übergriffe abspielen, ist der Blick von Ärzten und dem weiteren Umfeld gefragt. Dies beinhaltet auf Hämatome zu achten, auf Verletzungen im Intimbereich, auf non-verbale Verhaltensweisen wie Angst, Aggressionen, Abwehrverhalten oder Stagnation. Die Bitte von Angehörigen nach ruhigstellenden Medikamenten sollte hinterfragt werden, sofern keine schweren Erkrankungsformen vorliegen, die eine medikamentös sedierende Unterstützung unerlässlich machen, um dem Menschen mit Handicap Linderung zu geben oder um den Angehörigen und Pflegebedürftigen den Umgang im Miteinander zu erleichtern. Eine weitere Möglichkeit um Hilfe bei der Pflege zu bekommen sind ambulante Pflegedienste. Diese können auch Assistenzleistungen beinhalten, die bei den Verrichtungen des alltäglichen Lebens über die Pflege hinaus Hilfestellung geben, wie Einkaufen, Unterstützung/Begleitung bei Behördengängen oder Arztbesuchen, sowie Freizeitbegleitungen. Hilfe annehmen zu können von mehrmals täglich wechselnden Kräften erfordert Vertrauen, da die aktuelle Pflegesituation auch bei ambulanter Pflege oder persönlicher Assistenz den Einsatz von mehreren Kräften erfordert. Dazu kommt die Belastung durch eine stetige Fluktuation, ein stetiges sich neu Anvertrauen, ein stetiges wieder loslassen müssen. Denn auch das gehört dazu. Für einen Menschen mit Missbrauchserfahrung ist der Eintritt in die Pflegebedürftigkeit eine große Herausforderung. Dieses erfordert von Pflegekräften besondere Umsicht und Respekt. Sich anzuvertrauen ist für Betroffene sexuellen Missbrauchs alles andere als eine Selbstverständlichkeit.


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